KirchGemeindePlus

An die Mitglieder der Synode der evangelisch-reformierten Kirche des Kanton Zürich  

Zürich 16. November 2015  

Zwischenhalt für Fahrplan Kirchgemeindeplus

Sehr geehrte Mitglieder der Synode

Wir bitten Sie, den Antrag und Bericht des Kirchenrates betreffend KirchGemeindePlus – wie in der Konsequenz – auch den Antrag und Bericht des Kirchenrates betreffend Rahmenkredit für Beiträge an Kirchgemeinden im Rahmen des Projekts KirchGemeindePlus zurückzuweisen.Wir sind willens, den notwendigen, ständigen Veränderungsprozess unserer Kirche mitzugestalten, sind aber der Meinung, dass der ehrgeizige Fahrplan unterbrochen werden muss, um wichtige Fragen noch zu klären. Ein paar Punkte grob skizziert:

Prozessentwicklung

Was 2010 mit der Überweisung des Postulats Nr.419 „Stärkung kleiner Kirchgemeinden durch gezielte Förderung“ begann, hat mit dem nun vorliegenden Antrag und Bericht des Kirchenrates einen Prozess hervorgebracht, mit dem erklärten Ziel, dass die Synode im Juni 2017 über die Gestalt der neuen Kirchgemeinden entscheiden zu lassen (S.16). Das Aussehen dieser neuen Gestalt wird so umfangreich wie unklar gezeichnet. Angestrebt wird eine Struktur von kantonsweit 35 bis 40 Kirchgemeinden. Als Strategie ist erkennbar, dass ein vom Kirchenrat beauftragter Projektleiter die Kirchgemeinden in straffem Zeitplan auf Kurs bringt. Der Prozess entwickelt sich zusehends zu mehr Top–down als zum reformiert gebotenen Bottom–up. Unabhängig vom Prozess haben die Gemeinden der Stadt Zürich sich selber zu einem Zusammenschluss entschieden. Dieselbe Freiheit ist für die Gemeinden im ganzen Kanton unabdingbar.

Kommunikation

Der Prozess wird mit dem Grundton vom „mutigen Schritt in die Zukunft“ unterlegt, was erlaubt, kritische Einwände schnell als „Verweigerung “ zu etikettieren. Zu jedem möglichen Einwand lässt sich ein beschwichtigender und unpräziser Satz finden. Z.B. „KirchGemeindePlus ist ein Prozess aller“ (S.12), oder „Die Kirchgemeinden sind wenigstens so gross, also weitgehend autark und selbsttragend, dass sie den gesellschaftlich erwarteten quasiinstitutionellen service public in guter Qualität erbringen können. (...) Die Kirchgemeinden sind wiederum höchstens so gross, dass sie die Nähe zu den Mitgliedern möglichst direkt und unbürokratisch pflegen können“ (S.16). Was heisst das? Wer löst diese Versprechungen ein? Antrag und Bericht in seiner Form lassen eine reformierte Nüchternheit und Klarheit vermissen, die für die Leitungen der Kirchgemeinden notwendig wären, um motiviert an der neuen Gestalt ihrer Gemeinden zu arbeiten.

Zeitdruck und Prozessbeschleunigung

Gegenüber dem Antrag und Bericht von 2012 wird jetzt Phase 3 auf 2016 bis Juni 2017 um eineinhalb Jahre vorgezogen und verkürzt. Der Kirchenrat drängt wegen finanzieller Planungssicherheit (S.13) und mit dem Ausblick, zum Reformationsjubiläum 2019 die Strukturreform abschliessen zu wollen. Beide Gründe müssen für ein Projekt diesen Ausmasses hinter dem Zeitbedarf an der Basis zurückstehen.          

Welche Probleme werden mit der neuen Struktur gelöst?

Wie diese massive Neustrukturierung der Kirche bei der Erfüllung ihres Auftrags hilft, ist alles andere als klar. Seit Beginn benennt und verbindet der Prozesses zwei Probleme: Die Erschliessung von Lebenswelten und abnehmende Finanzen.

Erschliessung von Lebenswelten

Zuallererst muss man die Menschen kennen. Mit Zentralisierung kommt man nicht näher zu den Menschen, wie man es auch dreht und wendet. Vieles wird erhofft und kaum etwas ist erarbeitet, wie das funktionieren soll. Absprachen über Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten werden systembedingt zunehmen. Der erhofften Dynamik fallen einige Stärken der derzeitigen engmaschigeren Strukturen zum Opfer (z.B. Engagement von Freiwilligen, Augenhöhe und Verbindung zu Behörden und Vereinen). Wie wird damit umgegangen? Weiter müssen die Fragen zur Rolle der Pfarrpersonen in den neuen Strukturen unbedingt angegangen werden.

Finanzen

Wo wird eingespart? Strukturreformen bringen nicht automatisch Einsparungen. (vgl. Restrukturierung GKD, Fusionen von Schulgemeinden, Spitex-Diensten, etc.).Sicher ist, dass Fusionen zum Verlust von lokalem Know-how und einer Verschiebung der Tätigkeiten führt. Ehrenamtliche werden von Professionellen abgelöst. An der Entwicklung der letzten Jahre lässt sich bereits ablesen, wie Verwaltungen zunehmen, Kirchgemeindeschreiberstellen geschaffen und Pfarrstellen gestrichen werden. Dient das der Sache?

Fehlen einer theologischen Debatte

Was ist drin, wenn reformiert draufsteht? Was bedeutet es, wenn dem Begriff „Kirchgemeinde“ der Begriff „moderne Rahmenorganisation“ übergestülpt wird (S.10)? Um welchen Kern legt sich dieser Mantel? Welcher Glaube eint die reformierte Kirche Zürich? Die Kirchenordnung wird als Bezugsrahmen genannt (S.6f). Reicht das, um die vielen Gesichter von Kirche zu einen? Wie wird Kirche zugleich „näher, vielfältiger, profilierter“(S.9)? Die Pfarrkonferenzen haben viele Fragen zu Tage gebracht. Wie werden sie konkret weiter bearbeitet? Wo werden in diesem Prozess die Pfarrpersonen in ihrer theologischen Verantwortung eingebunden?    

Wir bitten Sie, dem Prozess einen Halt zu gönnen.  

Bereit an der Zukunft unserer Kirche verantwortungsvoll mitzugestalten verbleiben wir mit freundlichen Grüssen

Der Vorstand des Pfarrvereins des Kantons Zürich mit den mitunterzeichnenden Pfarrerinnen und Pfarrern  


Vorstand des Pfarrvereins des Kantons Zürich    Verfasser der Petition kontaktieren