ME/CFS: Schulungen und Namensänderung
Derzeit leiden in Österreich etwa 80.000 Menschen an ME/CFS. Wenn man die hohe Dunkelziffer miteinberechnet, dann sind das etwa 1% der Bevölkerung. Betroffene haben im Durchschnitt eine geringere Lebensqualität als Patienten mit Krebs, AIDS oder multipler Sklerose. Doch obwohl die Erkrankung bereits 1969 von der WHO als schwere Neuroimmunerkrankung eingestuft wurde, fehlt es noch immer an Anerkennung im medizinischen Bereich, an adäquaten Versorgungsstrukturen und an zugelassenen Therapien.
Langfristig sind Betroffene, die auf eine Verringerung ihres Leidensdrucks hoffen, auf die Ergebnisse interdisziplinärer Forschungsprojekte angewiesen, deren Ziel es ist wirksame Behandlungsmethoden/Medikamente zu schaffen. Aber es gibt auch (einfach umsetzbare und kostengünstige) Wege, wie man Patienten kurzfristig unterstützen kann und darauf möchte ich, als selbst schwer Betroffene, mit dieser Petition aufmerksam machen.
Konkret geht es um diese 2 Punkte:
1) Schulungen für Ärzte (inklusive Primarien und Oberärzten!), Therapeuten und Pflegepersonal an Krankenhäusern
2) Namensänderung der Erkrankung von ME/CFS zu ME
Inwiefern würden Patienten von diesen Maßnahmen direkt profitieren?
1) Schulungen:
-ME ist eine Erkrankung, deren Mechanismen sich deutlich von denen anderer Erkrankungen unterscheiden. Das Hauptsymptom der Erkrankung ist PEM (Post-exertional malaise), was bedeutet, dass auch nur das geringste Maß an Anstrengung zu einer (permanenten) Zustandsverschlechterung führen kann. Für schwerst Betroffene kann sogar das einfache Umdrehen im Bett längerfristig den Leidensdruck erhöhen. Dementsprechend MUSS dieses spezielle Merkmal der Erkrankung von Ärzten in Krankenhäusern berücksichtigt werden, um die Sicherheit von ME Patienten zu gewährleisten, wenn diese ein Krankenhaus aus Gründen der Diagnostik, Behandlung oder aufgrund einer akuten Komplikation aufsuchen.
-Derzeit ist dies leider noch nicht der Fall, ME Patienten sehen sich in Krankenhäusern eher mit Ignoranz und Stigma konfrontiert als mit Akzeptanz und Verständnis. Den wenigsten Ärzten ist die Erkrankung bekannt, dennoch werden oft Behandlungsempfehlungen abgegeben. Behandlungsempfehlungen, die bei anderen Erkrankungen durchaus sinnvoll wären wie z.B. ein umfassendes Therapieprogramm (bestehend aus Physiotherapie, Ergotherapie, Psychotherapie etc) oder Medikamente. Aber diese Maßnahmen erweisen sich für ME Patienten aufgrund von PEM, schweren Medikamentenunverträglichkeiten oder anderen Symptomen nicht nur als nicht hilfreich sondern oft auch als schädlich, in den schlimmsten Fällen als tödlich.
-Dieses Problem würde sich einfach durch spezifische Schulungen an Krankenhäusern lösen lassen. Am sinnvollsten wären Vorträge von ME Experten, die die notwendigen Grundkenntnisse vermitteln, um ME Patienten, im Rahmen der derzeit bestehenden Möglichkeiten, optimal betreuen zu können.
2) Namensänderung:
-Ein weiteres massives Problem, mit dem sich viele ME Patienten konfrontiert sehen, ist die Stigmatisierung der Erkrankung durch den Namen "Chronisches Fatigue Syndrom". Diese Bezeichnung wurde vor vielen Jahrzehnten von Psychiatern geschaffen, die die Erkrankung damals als psychosomatisch eingestuft haben. Durch den Namen CFS wird eine schwere Multisystemerkrankung auf nur eines ihrer über 200 bekannten Symptome reduziert und somit massiv verharmlost. Heutzutage lehnen die meisten ME Experten den Ausdruck CFS ab, da er sämtlichen Forschungsergebnissen (inklusive Biomarkern!) widerspricht, die eindeutig beweisen, dass die Ursache der Erkrankung organisch ist.
-Der Ausdruck "CFS" und das damit verbundene Stigma ist noch immer fest im Gesundheitswesen verankert. Trotz eindeutiger Datenlage sind dementsprechend noch immer viele Ärzte davon überzeugt, dass es sich bei ME um eine psychische Erkrankung handelt, oder dass die Erkrankung als harmlos einzustufen ist, denn wie schlimm kann schon ein chronisches Müdigkeitssyndrom sein? Die direkte Konsequenz für Patienten ist, dass ihnen angefragte Behandlungen, Diagnostik und Hilfestellungen verweigert werden und ihnen oft stattdessen Antipsychotika verschrieben oder andere für sie schädliche Behandlungsmethoden wie z.B. körperliche Aktivität nahegelegt werden, womit wir auch wieder beim ersten Punkt wären.
-Kein Argument rechtfertigt heutzutage noch die Verwendung der "CFS" Bezeichnung, weder alleinstehend noch als Teil des offiziellen Namens der Erkrankung (ME/CFS). Um uns Betroffene vor weiterem Schaden durch diese systematische Stigmatisierung zu bewahren, ist eine Namensänderung dringend erforderlich. Wir sind nicht chronisch erschöpft, wir leiden an einer schweren Multisystemerkrankung und das sollte durch den Namen auch zum Ausdruck gebracht werden!
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass schon allein die Umsetzung dieser zwei Punkte das Potenzial hat, eine Verbesserung der Versorgungssituation für ME Patienten zu bewirken. Außerdem wären Vorträge an Krankenhäusern sowie eine Namensänderung der Erkrankung weder mit einem großen finanziellen noch einem maßgeblichen organistorischen Aufwand verbunden. Dementsprechend gäbe es kein Argument, durch das ein Scheitern an der Umsetzung gerechtfertigt werden könnte!
Katharina Botzenhart Verfasser der Petition kontaktieren