Rettet die Musikhochschulen

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Gast

#1281 "Sterbende Gewässer"

2013-08-16 08:28

Der Bedeutungsverlust unserer musikalischen Traditionen ist bestürzend. Dieser Verlust kommt allerdings auch nicht ganz überraschend. Eine Rede des Komponisten Paul Hindemith aus den frühen 60er Jahren steht unter dem Titel „Sterbende Gewässer“. Der Nachruf im Spiegel (8.1.1964) bietet eine Kurzfassung und einen Kommentar dazu.(Links s.u.) Ursprünglich gegen den Alleinvertretungsanspruch serieller Musik gerichtet, haben die Worte des Komponisten heute besonders durch die rasante Entwicklung der Medienlandschaft und die Dauerberieselung mit „Gebrauchsmusik“ noch an Bedeutung gewonnen. „Mit Musik werden wir heutzutage aber fast ununterbrochen überschüttet, und bei ihrer Menge kann sie kaum ohne Degenerationserscheinungen bleiben.“ (Paul Hindemith) Hier ist nicht der richtige Ort für inhaltliche Diskussionen. Auch die Zeit läuft der Hochschule davon. Es bleibt die Frage, warum eine profilneurotische Politikerin in der vorliegenden Weise agieren kann?
Die Mitglieder der Hochschule machen zurzeit die bittere Erfahrung, dass viele Bürger der Stadt Mannheim ihre Existenz und inhaltliche Positionierung nicht so richtig mitbekommen haben. Von überregionalen Medien soll hier erst gar nicht die Rede sein. Diese Medien produzieren doch oft selbst jene „Dauerberieselung“, deren Konsum inzwischen fast unvermeidlich ist und für deren Produktion der Nutzer auch noch eine Zwangsabgabe zu entrichten hat. Die Haltung der politischen Entscheidungsträger ist daher letztlich eine Kapitulation vor den Produzenten dieses kulturellen Billigangebotes.
Die verbliebenen kulturverbundenen Bürger erblicken folgendes Szenario:
1. Einseitig auf Geldbeschaffung optimierte Politik.
2. Erbärmliche Reaktionen der Öffentlichkeit auf diese Politik bis hin zur Lethargie.
3. Bislang wenig innovative Reaktionen der betroffenen Hochschulen, obwohl die Grundproblematik nicht erst seit Juli 2013 bekannt ist.
Eine vernünftige Perspektive ist nicht in Sicht. Als Resümee bleibt die Wiederholung eines weiter vorn publizierten Kommentars: „Theater, Konzert und die dazugehörenden Ausbildungseinrichtungen haben im Laufe der Jahrhunderte viele Tyrannen und Katastrophen überstanden. Ob sie diese Republik überleben werden, ist mehr als fraglich!“
Links:
http://www.orden-pourlemerite.de/sites/default/files/reden/hindemith1895_festvortrag1.pdf
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46162717.html



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Gast

#1328 Re: "Sterbende Gewässer"

2013-08-18 16:10:26

#1281: Gast - "Sterbende Gewässer" - Die Solidarität ALLER ist gefragt

Nicht ausschließlich Mitglieder der Hochschule, die um Unterstützung bitten, machen die  Erfahrung, dass nur von wenigen Mitbürgern die Tragweite erfasst wird,  die eine Verwirklichung der Pläne der Landesregierung Baden-Württemberg zur Folge haben würde. Auch kulturell interessierte Bürger beobachten mit Sorge die aktuelle Entwicklung. Die von den Politikern durch systematischen Kulturabbau und den Medien durch seichte Unterhaltung und ständige Dauerberieselung geförderte kulturelle und geistige Verarmung hat anscheinend nicht nur in der breiten Bevölkerung in erschreckendem Maße Fuß gefasst, sondern ein lethargisches Schweigen zeigt sich auf allen Ebenen.

Die Solidarität aller Bildungsinstitutionen ist gefragt: Wo bleiben die Stimmen der Museen, Bibliotheken, Theater, Schulen, Fachschulen, Universitäten, Institutionen der Erwachsenenbildung? Es scheint kaum einer der Verantwortlichen ernsthaft beunruhigt zu sein, dass es morgen seine Einrichtung treffen könnte.

Wo bleibt die Unterstützung der politisch Verantwortlichen der Städte und Gemeinden der  Region?

Es darf doch nicht sein, dass Kulturabbau durch Schweigen weiter gefördert wird, denn:

„Wir sind nicht nur verantwortlich für das, was wir tun, sondern auch für das, was wir nicht tun“ Molière